Wenn der Sohn des Bauern eines Vollhofes heiratete, wurde immer das gesamte Dorf eingeladen. Knechte, Mägde und alle Bewohner des Dorfes unterschiedlichster Stellung kamen zum Hochzeitsfeiern auf den Vollhof des Hochzeitspaares. Eingeladen wurde damals nicht mit gedruckten Karten, die mit der Post an die Gäste verschickt wurden, sondern ein unverheirateter Bruder des Bräutigams oder der Braut ging eine Woche vor dem Fest in jedes Haus und lud die Gäste persönlich ein. Hierfür sagte er einen Spruch auf und bekam oft einen Schnaps und Trinkgeld als Dankeschön für die Einladung.
Die großen Bauernhochzeiten wurden immer auf dem Hof ausgerichtet. Hierfür wurde 2 Tage vor der Hochzeit ein Rind und ein Schwein geschlachtet, die für die Versorgung der Gäste zubereitet wurden. Dafür gab es in den Dörfern eine „Kochfrau“, die auf den Festhof kam und das Essen zubereitete. ...
Zuerst wurde das Fleisch für die Suppe und die Braten eingeteilt und der Topf- und Butterkuchen gebacken. Einen Tag vor der Hochzeit kamen die jungen, unverheirateten Mädchen des Dorfes auf den Hof und schälten die Kartoffeln und flochten die Kränze für die Dielentür und dem Wohnzimmer des Brautpaares.
Parallel zu den Vorbereitungen im Haus des Bräutigams, wurde im Haus der Braut die Aussteuer zusammengestellt. Handgefertigte Möbel für das Schlaf- und Wohnzimmer sowie Kommoden mit Leinen gehörten zur Aussteuer, die die Braut mit in die neue Ehe brachte. Aber auch alle Arbeitsgeräte, wie Forken, Spaten, Schaufel und Besen, die die Braut zur Arbeit auf Ihrem neuen Hof benötigte, wurden als Aussteuer mit in die Ehe eingebracht.
Am Tag vor der Hochzeit wurde ein schöner Brautwagen geschmückt, auf dem die gesamte Aussteuer durch das Dorf auf den Hof des Bräutigams gefahren wurde. Jeder, der dem Brautwagen begegnete, bekam einen Branntwein eingeschenkt. Erst wenn der Brautwagen den Hof erreicht hatte und die ganze Aussteuer untergebracht war, durfte der Polterabend stattfinden. Hier achtete der Hochzeitsbitter darauf, das alle Gäste gut versorgt wurden. Am Hochzeitsmorgen wurde der große, hofeigene Backofen geheizt und die Braten gegart.
Das notwendige Geschirr wurde sich im Dorf zusammen geliehen und weil die Bauernhochzeiten meistens im Sommer stattfanden, wurde draußen gegessen. Alte Wagenbretter wurden auf passende Untergestelle gelegt und man aß unter freiem Himmel. In der Regel bestand das Hochzeitsmahl aus einer Suppe, der Hochzeitssuppe, danach Braten mit Kartoffeln und Backobst und zum Nachtisch gab es dicken Reis mit Zucker und Zimt.
Nach dem Essen ging die ganze Hochzeitsgesellschaft durchs Dorf und bekam in verschiedenen Häusern Kaffee und Kuchen. Abends trafen sich wieder alle Gäste auf dem Hof, wo auf der Diele wieder gegessen und getanzt wurde.